Was uns die Zahnfee verschweigt. Oder wie unsere Zähne richtig gepflegt werden…

Heute möchte ich mit einigen Mythen und vermeintlich supertollen Hausmitteln aufräumen und erklären, was und warum eine wirklich gute Zahnhygiene ausmacht. Hier gehts weiter zu Fluorid, Zahnbürsten, weisseren Zähnen und unzähligen Zahncremes.


Fluorid – Fluch oder Segen?

In fluoridhaltigen Zahnpasten für Erwachsene sind im allgemeinen etwa 1450 ppm Fluorid enthalten. Das bedeutet, dass 1 kg Zahnpaste 1450 mg Fluorid enthält. Beim Zähneputzen benützen wir ca. 1 g Zahnpaste, ergo 1,45 mg Fluorid, welches wir nicht runterschlucken sondern nach dem Putzen ausspucken und den Rest ausspülen. (1)

Eigentlich gibt es kein Contra gegen Fluorid, jedenfalls nicht von der Menge in einer Zahncreme für Erwachsene. Dafür aber viele Pros, die sind auch zweifelsfrei nachgewiesen. Veganes Natriumfluorid ist in den Mengen, in denen es in der Kinder- oder Erwachsenenzahnpasta verwendet wird, absolut unschädlich für den Körper und sehr, sehr sinnvoll für die Zähne. Fluorid erhöht den Widerstand des Zahnschmelzes gegen Säuren, verlangsamt die Entkalkung des Zahnschmelzes die von den Säuren der Plaque-Bakterien verursacht wird und fördert die Wiedereinlagerung von Mineralien in bereits entkalkten Schmelz. Das alles verhindert Karies, dass die Zähne schmerzempfindlich werden oder gar absplittern.
Die Plaque-Bakterien haben einen typischen Stoffwechsel: sie nehmen vor allem Zucker auf und vergären ihn innerhalb weniger Minuten zu Säuren. Diese Säuren dringen in den Zahnschmelz ein und greifen die Zähne an. Mit der Zeit erscheint der Zahnschmelz an dieser Stelle kreidig weiss. Beim Kreidefleck ist die Zahnoberfläche noch vorhanden. Bricht jedoch diese entkalkte, aufgeweichte Oberfläche schliesslich ein, ist das «Loch», also ein Kariesschaden, entstanden. (2)

Die Essensreste bekommt man grundsätzlich auch mit einer Zahncreme ohne Fluoride und mit einer Bürste weg, mit etwas minzigem dazu gibts auch einen frischen Atem. Die Zähne werden aber nicht vor Karies geschützt und sinnvoll gestärkt ohne Fluorid.

Hier ist eine Broschüre mit Infos aus der Schweiz, auch wenn die vorgestellten Produkte nicht vegan sind. Es ist für die Zahnpflege egal, ob man unveganes Aminfluorid (der Firma Gaba) oder veganes Natriumfluorid wie es z.B. DM für seine Eigenmarkenzahncremes verwendet.

Nochmals kurz zusammengefasst wirken Fluoride hauptsächlich im Mund direkt auf den Zahnschmelz, indem sie:
a) den Widerstand des Zahnschmelzes gegen Säuren erhöhen
b) die Entkalkung des Zahnschmelzes verlangsamen
c) die Wiedereinlagerung von Mineralien aus der Mundflüssigkeit in bereits entkalkten Schmelz fördern, so dass eine beginnende Karies gestoppt, sogar rückgängig gemacht werden kann.

Das heisst nicht, dass man nicht doch Karies bekommen kann. Das heisst aber auch nicht, dass man ohne solche Zahncremes welche bekommt. Ausnahmen gibt es immer, hier sollte man aber nach Abwägen von Nutzen und Gefahr eindeutig die Fluoridhaltigen Zahncremes verwenden. Anekdotische Evidenz taugt hier leider gar nichts.

Hier ist noch eine ausführliche Quellen des AWMF (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V.).
Die Empfehlungen für Erwachsene daraus sind folgende:
Die Verwendung von fluoridhaltiger Zahnpasta mit mindestens 1000 ppm Fluorid ist eine breitenwirksame und effektive kariespräventive Maßnahme, deren Wirksamkeit ab dem Schulalter nachgewiesen ist. Daher wird ab dem Durchbruch der bleibenden Zähne empfohlen, das Zähneputzen mit einer Zahnpasta durchzuführen, die einen Fluoridgehalt von mindestens 1000 ppm Fluorid enthält.
Dort steht noch viel Gutes drin, falls sich jemand tiefer in die Materie einlesen mag.

Und noch etwas zu vielgelesenen und unqualifzierten Aussagen über Fluor oder Flour.
Flour ist englisch und heisst Mehl. Fluor ist das chemische Element, in der Zahncreme sind Fluoride, also Verbindungen. Flour ist für uns giftig, würde aber aufgrund seinen Instabilität niemals in Zahnpflegeprodukten eingesetzt werden. Fluoride sind die Verbindungen mit einem Salz und haben komplett andere Eigenschaften. Fluorgas hat so ziemlich gar nichts mit den unschädlichen Fluorverbindungen (z.B. mit Calcium oder Natrium) in der Zahncreme zu tun. (3) Das ist etwa so, wie Speisesalz (NaCl) eine Verbindung aus dem für uns ebenfalls giftigem Natrium und giftigem Chlor ist. Zusammen sind sie unschädlich und wir brauchen sogar Salz zum Überleben.

Fazit: Wer sich 2x am Tag die Zähne mit einer 1450ppm fluoridhaltigen Zahncreme putzt, hat keinerlei Überdosierung, Nebenwirkungen oder Fluorose zu befürchten und tut den Zähnen und dem Zahnschmelz viel Gutes.

Zähne aufhellen oder putzen mit alternativen Putzmitteln

Der Markt boomt, das Fluorid-ist-tödlich-Gerücht hält sich hartnäckig und viele lassen sich von vermeintlich schonenden Produkten auf Kosten der Zahngesundheit in die Irre führen.
Es gibt Zahnpflegeöle, Gels, Rezepte für selbst gemachte Zahncremes aus Heilerde, Natron oder Salz, Zahnpflegetabs, die man vor dem Putzen zerbeisst und hunderte andere Produkte.

Manche der Produkte sind einfach nur überteuert und kein nachhaltiger Beitrag zur Zahngesundheit, andere wiederum sind gefährlich. Vor allem durch selber gemischte Produkte aus Salz oder Heilerde sind bedenklich. Auch auch fein gemahlen sind die Stoffe abrasiv (das heisst, sie sind schleifend und nutzen die Zahnsubstanz ab), damit schrubbert Mensch sich Zahnhartsubstanz irreparabel weg.
Hersteller von Zahncremes geben daher oft den RDA-Wert an. Gerade für empfindliche Zähne oder freiliegende Zahnhälse ist das wichtig. Für die tägliche Reinigung sollte der Wert unter 100 sein – man kann sich die Zähne nach und nach mit weissichwas abschleifen, aber ich würde mich da sehr auf Hersteller verlassen, die erprobte Produkte mit strengen Analysen verkaufen. Das Problem an besonders abrasiven oder fluoridfreien Produkten ist, dass ein Schaden nicht sofort, sondern nach vielen Wochen oder Monaten Verwendung nach und nach auftritt.

Die richtige Zahnbürste und Pflegeroutine für Erwachsene
Immer mehr „Ökozahnbürsten“ wie z.B. Hydrophil aus Holz oder mit besonders umweltschonenden Borsten finden sich auf dem Markt. Diese sind für die Natur zweifelsfrei besser als handelsübliche Modelle. Doch Vorsicht, die verwendeten Borsten solcher Zahnbürsten sind oft sehr hart und die Köpfe der Bürsten sehr gross und nicht sinnvoll geformt. So lassen sich schwer erreichbare Stellen nicht zufriedenstellend reinigen. Harte Borsten entfernen Zahnbelag keineswegs besser, können aber das Zahnfleisch verletzen und die Zahnsubstanz schädigen. Was noch schlimmer ist, ist die Qualität der Borsten. Einzelne Borsten sehen unter dem Mikroskop aus wie eine Waffe – die Borsten wurden einfach auf die gewünschte Länge abgeschnitten, was eine unschöne Schnittkante ergibt. Um Verletzungen am Zahnfleisch und Zahnhalsdefekten vorzubeugen, sollten ausschließlich abgerundete Borsten verwendet werden. Beim Kauf der richtigen Zahnbürste sollte daher auf den Rat einer Fachperson oder die Angaben (z.B. Zahnmedizinisch getestet) auf der Verpackung der Bürste geachtet werden. Ausgefranste, spitze oder scharfkantige Borsten können von Auge grundsätzlich nicht erkannt werden.

Eine optimale Zahnhygiene erreichen wir nur durch regelmässiges (mindestens 2x am Tag) Zähneputzen mit einer guten Bürste und fluoridhaltiger Zahncreme. 1x am Tag sollte Zahnseide für die Reinigung der Zahnzwischenräume verwendet werden. Antibakterielle Mundspülungen können die Pflege abrunden. Regelmässige Zahnarztbesuche und professionelle Zahnreinigungen lassen sich aber auch damit nicht ersetzen.

Quellen:
(1) Karies, Wissenschaft & klinische Praxis von Hendrik Meyer-Lückel, Kim Ekstrand, Sebastian Paris. Thieme-Verlag, 2012
(2) Zähne Patienten-Zeitung SSO, Nummer 23 Herbst 2003
(3) http://www.dr-gumpert.de/html/fluoridierung.html
Broschüre der SSO: https://www.sso.ch/fileadmin/upload_sso/3_Patienten/1_Prophylaxe/3_Fluoride/Fluoride_web_D.pdf
S2k-Leitlinie „Fluoridierungsmaßnahmen zur Kariesprophylaxe“: http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/083-001l_S2k_Fluoridierungsma%C3%9Fnahmen_zur_Kariesprophylaxe_2013-01.pdf

Ein Gedanke zu „Was uns die Zahnfee verschweigt. Oder wie unsere Zähne richtig gepflegt werden…“

  1. Ich hab mir jetzt mal nur den Part mit den Bambuszahnbürsten durchgelesen. Ich denke ich werde in Zukunft wieder auf meine Wechselkopfzahnbürste umsteigen, da ich die Borsten ebenfalls unangenehm finde und sie sich bei mir superschnell verbiegen und ich das Gefühl habe, dass sie viel zu grob sind.

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